Zu diesem Schluss sind Forscher der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen gekommen, die die Vergärung von Gewürztraminer-Trauben studiert haben. Bis dato haben wissenschaftliche Untersuchungen der Auswirkungen von Glyphosat auf die Vergärung von Trauben gefehlt. Diese Lücke schließt nun eine Bozner Forschergruppe um Matteo Scampicchio, Professor für Lebensmitteltechnologie, und die Agrarchemiker Professor Stefano Cesco sowie Tanja Mimmo, von der die Idee zur Studie stammt und die sich um deren Umsetzung im Feld gekümmert hat.
Im Rahmen der Untersuchung wurden vier Gewürztraminer-Rebzeilen ausgesucht, die unterschiedlich behandelt wurden. Bei einer ersten wurde Glyphosat verwendet, bei einer zweiten Glyphosat in Kombination mit Harnstoff, eine dritte wurde nur mit Harnstoff behandelt, während eine vierte als Kontrollgruppe diente und keiner Behandlung mit irgendeinem Pflanzenschutzmittel ausgesetzt wurde. Die von den Rebzeilen stammenden Trauben wurden getrennt gekeltert und vergoren.
„Im Normalfall finden die Hefen im Traubenmost alle notwendigen Stick- und Kohlenstoff-Quellen, um wachsen und für den Gärprozess sorgen zu können“, erklärt Professor Scampicchio. „Allerdings kommt die Vergärung sehr viel langsamer in Bewegung, wenn bestimmte Aminosäuren fehlen.“ Um den Vergärungsprozess wissenschaftlich untersuchen zu können, griffen die Bozner Forscher auf eine Technik zurück, die Fachleute als „isotherme Kalorimetrie“ bezeichnen. „Im Labor verfügen wir über 24 Mikro-Reaktoren, die es uns erlauben, die Temperatur zu messen, welche die Hefen bei der Vergärung des Mostes freisetzen“, erklärt Scampicchio. Je nachdem, wie die Temperaturkurven ausfallen, könne man auf das Wachstum der Hefen schließen. „Die Kurven zeigen uns, ob die Hefen gute Bedingungen vorfinden oder Schwierigkeiten haben“, so der Professor.
Das Ergebnis der Studie im Labor der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik war dabei eindeutig: In Mosten, die von mit Glyphosat behandelten Trauben stammen, werden beträchtlich niedrigere Temperaturen freigesetzt. „Dabei ist Glyphosat in der Form von Round-Up das am weitesten verbreitete Mittel, mit dem die Rebzeilen unkrautfrei gehalten werden“, so Scampicchio. „Allerdings hat das Mittel verheerende Folgen für die Traubenqualität, weil es die Synthese der Aminosäuren unterbricht, also etwa von Phenylalanin, Tyrosin oder Tryptophan.“
Die Bozner Studie habe allerdings auch gezeigt, dass die negativen Folgen von Glyphosat durch die Behandlung der Reben mit Harnstoff ausgeglichen werden könnten, betont der Professor der Freien Universität Bozen. Sein Fazit fällt demnach zwiespältig aus: Der Einsatz von Glyphosat könne durchaus nützlich sein, habe in den letzten Jahren mechanische Techniken zur Unkrautvertilgung ersetzt und ohne Zweifel einen positiven Einfluss auf die Produktivität. Allerdings bleibe er nicht ohne Folgen: „Über die Bodenverschmutzung und eventuelle gesundheitliche Risiken für den Menschen hinaus erfordert der Einsatz von Glyphosat zusätzliche Behandlungen der Reben, damit die negativen Folgen des Mittels für die Qualität der Trauben ausgeglichen werden können“, so Scampicchio.
Die Studie der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen hat darüber hinaus gezeigt, dass die negativen Folgen von Glyphosat auch dann zu messen sind, wenn die Blätter der Reben nicht in direkten Kontakt mit dem Unkrautvertilgungsmittel kommen. „Es erscheint eindeutig, dass die chemische Verbindung als solche oder auch teilweise abgebaut von einer Pflanze über den Boden auf eine andere Pflanze, in diesem Fall die Rebe, übertragen wird und sich dort auf die Trauben auswirkt“, erklären Stefano Cesco und Tanja Mimmo.
Die Studie ist im Freisingerhof in Tramin durchgeführt worden, wo es den Forschern möglich war, das Unkraut in einigen Rebzeilen zu Studienzwecken mit Glyphosat zu bekämpfen.
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